Besser einschätzen können, wie die Tiere gelebt haben

Die Lernort Bauernhof (LoB)-Schule des Monats Juni ist das Schlossgymnasium in Mainz.

Im Rahmen einer Klassenfahrt hat Lehrer Philipp Schön mit den Schüler*innen einer fünften Klasse den Steinackerhof von Familie Schneberger-Gill besucht (diesen LoB-Betrieb stellen wir im Juli vor). Er selbst hat bereits zum dritten Mal diesen LoB besucht und hat durch Empfehlung eines Kollegen von der Maßnahme erfahren. Dem Besuch zugrunde lag das Thema „Strukturwandel in der Landwirtschaft“ im Rahmen des Erdkundeunterrichts. Es wurden vorab Begriffe wie Mechanisierung, Spezialisierung und Intensivierung in der Schule erläutert und die Kinder konnten vor Ort erleben, wie die moderne Landwirtschaft umgesetzt wird. Die jeweiligen Vor- und Nachteile unterlägen dabei dem subjektiven Empfinden und beeinflussen letztendlich auch das Konsumverhalten der Kinder, so Philipp Schön. Dieser Besuch sei auf gewisse Weise heilsam, da die Kinder nun im Supermarkt besser einschätzen können, wie die Tiere der unterschiedlichen Haltungsformen gelebt haben. Eine Revolution des Konsumverhaltens sei dadurch aber nicht zu erwarten. Dabei schätze er die „offene, erfrischend ehrliche“ Art und Herangehensweise von Marina Schneberger-Gill. Auf dem Hof bekomme man die Realität vor Augen geführt, die gerade für Städter mit wenig Bezug zur Landwirtschaft nicht immer „hübsch“ sei.

Von Seiten der Schulleitung würde man die LoB-Besuche sehr positiv wahrnehmen, vor allem, wenn diese innerhalb einer Klassenfahrt stattfinden und somit kein Unterricht deswegen ausfällt. Philipp Schön gibt dabei zu bedenken, dass man als Lehrkraft sonst eher schlechte Chancen habe einen LoB zu besuchen, wenn die Schulleitung nicht auch davon überzeugt sei. Doch gerade Erdkunde, das Fach der Exkursionen, sei bestens dafür geeignet, so oft wie möglich das Klassenzimmer zu verlassen, um Sachverhalte in der Realität zu erleben. Im Anschluss des Besuchs habe die Klasse besprochen, welche Unterrichtsinhalte Anwendung gefunden haben. So stehen die Melkroboter in diesem Fall für die Mechanisierung, also das Ersetzen von menschlicher Arbeitskraft durch Technik. Die Zahl der Rinder spricht für die Intensivierung der Landwirtschaft, bei der nicht mehr jede Familie ein paar wenige Tiere bei sich zuhause hält, sondern eine größere Anzahl auf einem Betrieb versorgt wird. Spannend sei auch die Spezialisierung umgesetzt, auf die Zucht der Tiere bezogen. Vielen Schüler*innen sei das Konzept der künstlichen Besamung völlig fremd gewesen und die daraus resultierenden Möglichkeiten die Nachzucht im Hinblick auf u.a. die Leistungsfähigkeit zu beeinflussen. Hierbei erklärte Marina Schneberger-Gill auch das Vorgehen einer Besamung, was bei einigen Lehrkräften, sowie Schüler*innen etwas für Verwirrung gesorgt habe. Philipp Schön beschreibt sich selbst als tierliebenden, vegetarisch lebenden Städter, der Massentierhaltung ablehnt. Gerne gibt er seinen Schüler*innen mit dem Besuch auf dem LoB die Chance, sich selbst ein Bild zu machen. Vielen Dank für das Interview.